"Schlafen Traditionsbäcker gar nicht?"

Jonas wundert sich, dass die Bäckerei nachts hell erleuchtet ist.

Gehen Sie zusammen mit Jonas auf Entdeckungsreise durch die Backstube eines Traditionsbäckers.

„Mami, schlafen die Menschen da gar nicht?!“

Es ist drei Uhr nachts. Jonas reibt sich verschlafen die Augen. Gerade hat er noch vom Besuch bei Oma und Opa geträumt. Draußen ist es dunkel. Doch Jonas erkennt: Er ist zurück in seinem Dorf. Aber was ist das? In der Straße brennt in einem Haus schon helles Licht. „Mami, sag mal, schlafen die Menschen da gar nicht?“, fragt Jonas.

„Das ist die Bäckerei. Da werden gerade unsere Brötchen fürs Frühstück gebacken“, kommt es mit sanfter Stimme. „Das braucht Zeit. Und deshalb fangen die Bäcker mitten in der Nacht an. Damit unsere Brötchen morgens ganz knackig, warm und frisch sind.“ Jonas ist begeistert. „Mami, können wir da reingehen? Ich möchte die Menschen sehen, die nicht schlafen müssen!“

„Als erstes machen wir einen schönen Teig!“

Am Eingang der Backstube steht ein großer Mann mit langem Bart und fröhlichem Blick. „Ich heiße Andreas und bin hier der Chef – und wer bist du?!“ „Jonas. Und ich möchte wissen, was ihr hier alle macht.“ Der Backstubenleiter zwinkert ihm zu: „Na, dann komm mal mit. Du kannst gleich bei uns als Bäcker anfangen …“

In der Backstube ist es kuschelig warm. Und wie das duftet! „Um Brötchen oder Brot zu backen, braucht man erstmal einen Teig“, beginnt Andreas zu erklären, „und der besteht aus bestimmten Zutaten: Mehl, Wasser, Salz, dazu Hefe oder Sauerteig. Ganz wichtig sind die Mengen. Die Mischung muss stimmen. Deshalb werden die Zutaten erst genau gewogen – und dann vermengt und geknetet.“

„Jedes Brot hier ist ein echtes Einzelstück!“

Jonas ist ganz begeistert. So viele nette Menschen, so viele Geräte – und so viel Teig. Doch eines ist ihm noch unklar: „Wie machst Du denn aus dem Brei nun die Brote?“, will er von Andreas wissen. „Dabei hilft uns eine Maschine zum Brotformen. Da geben wir vorn den Teig rein – und hinten kommen Teigstücke mit dem richtigen Gewicht raus.“

Schon setzt sich die Maschine in Bewegung. Und, siehe da: Ein Brotteig nach dem anderen erscheint. Schnell greift Andreas immer wieder zu – und bringt die Stücke mit einigen Griffen beherzt in Form. „Jedes Brot wird bei uns mit der Hand aufbereitet“, erzählt der Backstubenleiter, während er die ungebackenen Brote nacheinander auf ein großes Blech legt.

„Und wann kommt das Brot endlich in den Ofen?“

„Und jetzt kommt das Brot in den Ofen?!“, fragt Jonas, der schon ganz aufgeregt ist. „Nein, so schnell geht das nicht. Jetzt muss der Teig noch mal in Ruhe gären“, bremst Andreas die Vorfreude. „Wieso?!“, kommt es postwendend zurück. Und Andreas erklärt: „Weil die Hefe jetzt Zeit braucht, um Teile des Mehls zu fressen und in Zucker und Luft zu verwandeln. So wird der Brotteig lockerer. Wir Bäcker nennen das ‘Raschen’“.

Jonas zieht eine Schnute. „Und wie lange dauert das?“ Andreas kann ihn schnell beruhigen. „So etwa eine halbe Stunde, das geht wirklich rasch. Und danach schieben wir die Bleche mit den Broten dann auch wirklich in den heißen Backofen. Das heißt bei uns übrigens ‘Einschießen’“.

„Ich höre, wenn das Brot aus dem Ofen will!“

„Woher weißt du eigentlich, wann das Brot fertig ist?“, will Jonas wissen. „Das sehe ich an der Farbe – und das höre ich sogar“, sagt Andreas. „Das glaub´ ich dir nicht! Brot kann doch nicht sprechen!“, beschwert sich Jonas. „Sprechen nicht, da hast du recht. Aber wenn ich von unten gegen ein Brot klopfe und es sich hohl anhört, weiß ich – jetzt ist es fertig.“

„Und warum guckst du nicht einfach auf die Uhr?“, fragt Jonas. „Weil die Backzeit der Brote jeden Tag verschieden ist“, antwortet Andreas. „Mal ist es hier in der Backstube wärmer, mal kühler, mal ist die Luft feuchter, mal trockener – und das beeinflusst alles die Backdauer. Da ist jeden Tag wieder viel Erfahrung und Gefühl gefordert.“

„Sag mal, machen das alle Bäcker so wie Du?“

„Musst du so früh aufstehen, weil es so lange dauert, bis das Brot fertig ist?“, fragt Jonas neugierig. „Ja, ein gutes Brot braucht seine Zeit“, antwortet Andreas. „Machen das denn alle Bäcker so wie du?“ Andreas schmunzelt. „Nun, das machen alle Bäcker, die nach der echten Handwerkskunst arbeiten. In Schleswig-Holstein heißen wir deswegen ‚Traditionsbäcker‘.

Bei uns können du und deine Eltern sicher sein, dass das Brot und die Brötchen mit einem selbst gemachten Teig hergestellt werden. Bei uns kommen keine Fertigmischungen oder Tiefkühlteiglinge in die Backstube“, erklärt Andreas. „Und warum macht ihr das?“, fragt Jonas. „Na, damit dir unser Brot und die Brötchen richtig gut schmecken!“

„Ich will auch Traditionsbäcker werden!“

Jonas zieht nachdenklich die Nase kraus. „Eigentlich wollte ich ja Feuerwehrmann werden, aber: Traditionsbäcker ist ja viel cooler! Wie wird man denn Traditionsbäcker?“ Andreas erklärt ihm: „Während der dreijährigen Ausbildung lernst du von erfahrenen Bäckern alles, was du für den Beruf wissen musst.

Du erfährst, wie man Teig herstellt und daraus Brötchen, Brot und andere Backwaren macht. Deiner Fantasie kannst du freien Lauf lassen. Und: Wenn man so früh anfängt wie wir Bäcker, hat man auch früher Feierabend. Da bleibt nachmittags Zeit für Hobbys.“ Bei der Vorstellung, zukünftig eigene Kekse zu backen und danach noch Fußball zu spielen, leuchten Jonas Augen. „Mami, das will ich auch!“

„Hmm, riecht das lecker. Ich hab ́ Hunger!“

Endlich! Andreas trägt die B­ackwaren in den Verkaufsraum. Jonas schaut sich um und fragt der Bäckereifach­verkäuferin ein Loch in den Bauch: „Wie heißt das Brot da rechts?“ „Das ist ein Roggenmischbrot mit Haferflocken“, antwortet sie freundlich. „Und das daneben?“ „Das ist ein Vollkornbrot.“ „Und was ist das daneben?“ …

So geht es weiter, bis Jonas sich auch durch die Brötchensorten und Kuchenvariationen gefragt hat. Nach der ganzen Fragerei merkt Jonas, dass er Hunger hat. „Du, Mami“, zupft er seiner Mutter zaghaft am Jackenzipfel, „darf ich heute die Brötchen kaufen?“ Seine Mutter nickt. Wenig später hält Jonas stolz seine erste Brötchentüte in den Händen. Sie duftet nach „Traditionsbäcker“.